Die aktuell angespannte Wirtschaftslage mit steigenden Zinsen erschwert die Kreditvergabe durch die Banken. Pferdebetriebe sind hiervon besonders betroffen. Um für die teils hohen Investitionssummen eine Finanzierungszusage zu erhalten, sollte die Kommunikation mit der Bank gründlich vorbereitet werden. Zu den wichtigsten Tipps gehören eine strategische Betriebsplanung und eine nachvollziehbare Vorstellung des Investitionsvorhabens. Damit wird der Bank die Prüfung der Anfrage erleichtert und eine Finanzierungszusage sehr viel wahrscheinlicher.
Erschienen im Pferdebetrieb 6/2022
Erschwerte Rahmenbedingungen für Pferdebetriebe
Der aktuelle Ukraine-Konflikt sorgt in der ohnehin geschwächten Wirtschaft für Unsicherheit. Handelsbeziehungen wurden gekappt und Rohstoffe werden knapp. Dabei hat schon das Corona-Virus 2020 die Welt auf den Kopf gestellt und Lieferketten zusammenbrechen lassen. Dies alles führt auch zu Unsicherheiten bei den Banken, die sich in der Folge mit der Kreditvergabe zurückhaltender zeigen. Selbst die Bankenkrise in 2008, bei der die Wirtschaft in eine Rezession mit teils hoher Arbeitslosigkeit geriet, führt mit den veränderten Regularien noch immer zu einer erschwerten Kreditvergabe.
Pferdebetriebe sind von der Zurückhaltung der Banken besonders betroffen. Denn einerseits ist die Bewirtschaftung einer Reitanlage mit hohen Investitionen verbunden. Regelmäßige, teils hohe Investitionen, z. B. in neue Stallungen, Dachsanierungen oder technische Ausstattung, sind also relativ normal. Insofern ist die Abhängigkeit von der Kreditvergabe der Banken relativ hoch.
Einfluss des Beleihungswerts
Andererseits bewerten Gutachter den Beleihungswert dieser sogenannten Spezialimmobilien auf einem niedrigen Niveau. Der Beleihungswert ist für die Bank jedoch sehr wichtig, wenn es um die Risikobewertung bei der Kreditvergabe geht. Im Klartext heißt das: ein eventueller Wiederveräußerungswert für eine Reitimmobilie ist schwer vorherzusagen, deswegen setzt die Bank den Beleihungswert vorsichtigerweise niedrig an. Liegt der Beleihungswert aber deutlich unter einem (realistischeren) Marktpreis, benachteiligt dies den Betriebsleiter erheblich. In der Folge könnte eine Finanzierungsanfrage abgelehnt oder mit vergleichsweise schlechten Konditionen angeboten werden.
Außerdem zeigen regelmäßige Untersuchungen, dass der überwiegende Teil der Pferdebetriebe in Deutschland hinter deren Möglichkeiten bewirtschaftet wird, die Rentabilität also unzureichend ist. Das bekommen die Kreditinstitute hautnah mit: denn bei Ihnen werden schließlich auch die Geschäftskonten der Pferdebetriebe geführt.
Die Steuerfalle
In der Praxis fällt zudem auf, dass „die Betriebe steuerlich oft so optimiert werden, dass am Ende kaum noch ein Gewinn zu versteuern ist“ weiß Christian Harms, Betriebsberater für Pferdebetriebe. „Steuerlich ist das natürlich vorteilhaft. Wenn aber der Bank für eine Fremdfinanzierung die Bücher vorgelegt werden sollen und diese niedrigste Gewinne ausweisen, kann das zu großen Problemen führen.“, führt der Berater aus. Deswegen sollten sich Betriebsleiter langfristig mit der Betriebsentwicklung beschäftigen und den Betrieb so optimieren, dass ein künftiger Kapitaldienst problemfrei an die Bank ausgezahlt werden kann und dies klar über die Jahresabschlüsse belegbar ist.
Investitionen in die Reitanlage
Die strategische Bewirtschaftung der Reitanlage ist eine wichtige Aufgabe des Betriebsleiters. Manchmal verschwindet diese Aufgabe unter dem Papierstapel des Tagesgeschäfts. Wenn das angelieferte Futter schimmlig ist, der Zaun an der Straße schon wieder beschädigt ist und die eine Einstellerin ihre Boxenmiete wieder einmal nicht überwiesen hat – wer soll da den Kopf für die langfristige Ausrichtung des Betriebes behalten?
Für Betriebsleiter, die ihre Kunden und den Hof in- und auswendig kennen, kommt erschwerend die Betriebsblindheit hinzu. Von der hat jeder schon einmal gehört und sie ist auch keine Besonderheit der Pferdebranche. Doch bei Pferdebetrieben geht es schnell um sehr viel Geld. Deswegen meint der Experte Christian Harms: „Wenn Pferdebetriebe keine neuen Impulse erhalten, entwickeln sie sich nicht weiter. Sie verschenken damit viel Potenzial, dass in den Bereichen Marketing, Arbeitsprozesse und Wachstum ungenutzt bleibt. Eigentlich kann sich das kein Unternehmer leisten.“ Dazu kommt, dass sich der Wettbewerb im Umfeld irgendwann an den Modernisierungsprozess heranwagen wird, so dass alle anderen Betriebe rundherum an Attraktivität verlieren.
Schleichenden Wertverlust verhindern
Wird über Jahre nicht investiert, verliert der Betrieb jeden Monat eine kleine Summe, die über die Jahre zu einem kleinen Vermögen anwachsen kann. Denn ohne Investition verliert die Reitanlage an Wert, es entsteht ein Renovierungs- und Sanierungsstau. Dies könnte wiederum dazu führen, dass die Arbeitsprozesse ineffizient werden, z. B. weil ein Mitarbeiter ständig unter dem Hoflader liegt, um dort etwas zu reparieren.
Stillstand ohne Modernisierung kann auch bedeuten, dass Maßnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs ausbleiben und dadurch über viele Jahre eine unnötig hohe Stromrechnung hingenommen wird. Ohne Investition entgehen aber auch zusätzliche Erlöse, die z. B. durch zusätzliche Pferdestellplätze oder Preiserhöhungen hätten realisiert werden können. Nicht in den Pferdebetrieb zu investieren zieht daher in aller Regel einen erheblichen Wertverlust sowie eine deutliche Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit nach sich.
Strategische Betriebsplanung
Meist weisen Reitanlagen Investitionsbedarfe auf, die sich mit kleineren Maßnahmen beheben ließen. Nur wenn über Jahre nichts unternommen worden ist, sind umfangreichere Investitionen erforderlich, die dann meist so viel Kapital erfordern, dass der Gang zur Bank notwendig wird. Wichtig ist in jedem Fall, dass ein Masterplan vorhanden ist. Dieser gibt das Ziel vor, aus dem sich die Einzelmaßnahmen ableiten lassen. Dadurch liegt immer ein Leitfaden vor, aus dem klar ersichtlich ist, welche Maßnahme als nächstes umzusetzen ist und wieviel Kapital in den kommenden Jahren benötigt wird.
Wesentliche Rahmenbedingungen für die Betriebsplanung werden durch die Reitimmobilie und den oder die Betriebsleiter vorgegeben. Je tiefgreifender eine Reitanlage umgebaut werden soll, desto mehr stellt sich die Frage, ob das geplante Betriebskonzept für die Immobilie tatsächlich geeignet ist. Je größer die Baumaßnahmen sind, desto unwirtschaftlicher wird das Vorhaben, weil dadurch gleichzeitig mehr Kapital gebunden wird.
Zufriedene Betriebsleitung
Genauso wichtig sind auch die Wünsche des Betriebsleiters: dieser muss hinter dem Betriebskonzept stehen und Spaß an der Arbeit haben. Es bringt langfristig keine Zufriedenheit, wenn Kinderreitunterricht nur deswegen angeboten wird, weil dies die Wirtschaftlichkeit verbessert, ansonsten die Arbeit mit Kindern aber keine Freude bereitet.
Ein unzufriedener Betriebsleiter ist für alle Beteiligten kein schöner Anblick. Es lohnt sich, dass Betriebskonzept auch auf die Wünsche des Betriebsleiters abzustimmen, damit er jeden Tag motiviert vor den Kunden stehen kann. Dafür bieten sich Coachings an, bei denen spezialisierte Coaches die wahren Bedürfnisse beim Betriebsleiter freilegen und somit für mehr Klarheit sorgen.
Begleitendes Coaching
„In der Vorbereitung einer Finanzierungsanfrage bei der Bank ist erstmal die Analyse des Status quo durchzuführen“, sagt Harms. „Meist haben sich der Betrieb, die Betriebsleitung und die Kunden über Jahre eher zufällig weiterentwickelt. Deswegen ergänzen wir die klassische Beratung oft durch ein begleitendes Coaching, um die Wünsche des Betriebsleiters, und manchmal auch die der anderen Teammitglieder, klarer herauszustellen. Das führt zu einer bewussteren Zielsetzung und damit zu mehr Motivation und Zufriedenheit beim Betriebsleiter.“, berichtet der Pferdeprofi. Denn jede Investition in den Pferdebetrieb ermöglicht eine stärkere Fokussierung des Betriebskonzepts. Sie kann eine höhere Kundenzufriedenheit, verringerte Prozesskosten oder schlicht die Vergrößerung des Betriebes nach sich ziehen. Deswegen stellen gezielte Investitionen eine enorme Chance zur betrieblichen Weiterentwicklung dar, die gleichzeitig die Zufriedenheit von Betriebsleitung, Familie, Mitarbeiter und Kunden erhöhen kann.
Erst wenn die strategische Planung, die für viele Jahre angelegt sein kann, fertiggestellt ist, kann die Finanzierungsanfrage vorbereitet werden. Denn erst damit wird deutlich, wie viel Kapital wann benötigt wird.
Vorbereitung der Finanzierungsanfrage
Optimal ist, wenn der Betrieb gut läuft, die Auslastung hoch ist und solide Gewinne erwirtschaftet werden. Letztgenannte spiegeln sich in den Geschäftsabschlüssen wider und können jederzeit der Bank vorgelegt werden. Außerdem sind die geplanten Maßnahmen auf der Betriebsstätte nicht dringlich und sollen erst in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Dann bleibt nämlich auch noch etwas Zeit die Geschäftsabschlüsse bis dahin auf die Anfrage bei der Bank vorzubereiten.
In der Realität bleiben optimale Bedingungen für die Finanzierungsanfrage Wunschdenken. Entweder können Geschäftsabschlüsse wegen der erst jüngst erfolgten Betriebsübernahme vom neuen Betreiber noch gar nicht vorgelegt werden oder der Steuerberater hat ganze Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass ein möglichst geringer Gewinn in den Büchern zu möglichst geringer Steuerlast geführt hat. Manchmal läuft der Betrieb aber auch einfach nicht wie gewünscht, weswegen die Entscheidung für eine zusätzliche Investition überhaupt erst gefallen ist. All das macht die Einschätzung der Machbarkeit für die angefragte Bank schwierig. In dem Fall muss der Bankberater erst einmal überzeugt werden, dass es sich um einen leistungsfähigen Betrieb handelt und das Vorhaben sinnvoll und zielführend ist. Dafür ist eine umfassende strategische Betriebsplanung vorzulegen, was bei Betriebsübernahmen regelmäßig der Businessplan darstellt.
Auch bei laufenden Betrieben kann ein Businessplan hilfreich sein. Denn bei der Erstellung eines Konzepts kommen viele Fragen hoch, deren Antworten zuvor als gesetzt galten, plötzlich aber vielleicht gar nicht mehr so klar erscheinen. Im Ergebnis ist der Bank jedenfalls nachvollziehbar darzulegen, warum sie das geplante Vorhaben unbedingt mittragen sollte.
Das Gespräch mit der Bank
Sehen Sie den Bankberater als einen Geschäftspartner, mit dem Sie langfristig zusammenarbeiten wollen. Sein Job ist es, Finanzierungsanfragen gründlich zu prüfen und nur dann zu genehmigen oder bankintern weiterzuleiten, wenn seiner Einschätzung nach ein lukratives Vorhaben vorgestellt wurde. Die Erwartungshaltung des Bankers, dass das Vorhaben nachvollziehbar vorgestellt werden muss, ist daher verständlich. Dabei ist auch zu bedenken, dass sich auch die Kollegen aus der Marktfolge und dem Vorstand der Bank ein Bild von der Finanzierungsanfrage machen müssen. Gute Unterlagen sind daher ein Muss.
Oft stellt der Bankberater viele kritische Fragen. Das kann an seinem Eindruck von der Pferdebranche liegen oder hat vorher einen prüfenden Blick auf das Geschäftskonto des Pferdebetriebes geworfen. Vielleicht will er die Finanzierungsanfrage aber auch nur verstehen und prüft deswegen gründlich. Dazu sagt der Strategieberater Harms: „Wenn Betriebsleiter den Bankberater als einen Partner sehen, können sie die Nachfragen als Chance, statt als Kritik sehen. Denn jede Frage des Bankberaters ermöglicht eine noch bessere Darstellung des Vorhabens.“
Souveräne Präsentation
Neben der persönlichen Einstellung der Bank gegenüber, ist eine gründliche Vorbereitung auf mögliche Fragen enorm wichtig. Die offenen Punkte sollten vor der geplanten Investition zwar schon aus eigenen Gründen geklärt sein, doch manchmal werden einige Entscheidungen in die Zukunft verschoben. Zum Beispiel könnte die Anzahl der Pferdeboxen im neuen Stall noch ungeklärt sein, weil noch nicht feststeht, wie aufwändig der Rückbau der alten Jauchegrube an dieser Stelle sein wird – anhand dieser Information aber Größe und Position des neuen Stalls festgelegt wird. Im Gespräch mit der Bank fallen allerdings zu viele ungeklärte Aspekte negativ auf und erwecken den Eindruck einer schlechten Vorbereitung. In dem Beispiel der Jauchegrube könnte es besser sein, sich auf ein Szenario zu konzentrieren und dieses vorzustellen. Damit entsteht eine souveräne Präsentation des Vorhabens, ohne schon zu Beginn sämtliche Probleme auf den Tisch zu bringen. Dadurch können erste Gespräche zur Finanzierung frühzeitig geführt und nachfolgend offene Punkte betriebsintern geklärt werden.
Professionelles Konzeptpapier erstellen
Zur Vorbereitung des Bankgesprächs sollte, neben der strategischen Betriebsplanung, ein Konzeptpapier für das anstehende Vorhaben erstellt werden. Hierbei tauchen viele Fragen auf, für die Lösungen erarbeitet werden müssen. Dadurch beschäftigt sich der Betriebsleiter mit allen wichtigen Fragen des Projekts, ohne hinderliche Stolpersteine auszulassen. Zu den wichtigen Punkten gehören:
- Beschreibung des Vorhabens
- Gründe für das Vorhaben
- Eventuell Vorstellung des eigenen Werdegangs
- Marktanalyse zur Klärung der Rahmenbedingungen
- Marketingmaßnahmen zur Auslastungssteigerung
- Geplante Angebotspreise und mögliche Preissteigerungen
- Voraussichtliche Investitionskosten (ggf. mit Angeboten untermauern)
- Rentabilitätsrechnung zur Gewinnermittlung
- Liquiditätsplanung zur Darstellung der Kapitaldienstfähigkeit
Relevante Gesprächspartner einbinden
Noch vor dem ersten Gespräch könnte dem Bankberater ein Auszug daraus zugesendet werden, damit sich dieser auf den Termin vorbereiten kann. Manche Banker bereiten sich allerdings kaum auf solche Gespräche vor und überfliegen eingereichte Dokumente nur kurz. Das sollte vermieden werden, in dem ausdrücklich vereinbart wird, dass die Punkte dieses Konzepts während des Termins vertieft werden sollen. Nichts ist ärgerlicher, als vor einem unvorbereiteten Berater zu sitzen, der orientierungslos in dem Konzept herumblättert. Durch die Vorbereitung des Bankers könnte dieser auch entscheiden weitere Beteiligte im Kreditinstitut hinzuzuziehen. Je nach Höhe des Finanzierungsvolumens sollten Betriebsleiter versuchen darauf hinzuwirken. Somit können frühzeitig konkrete Aussagen mit ersten Eckdaten einer möglichen Finanzierung erfolgen. Sollten weitere Fragen auftauchen, kann der Betriebsleiter diese souverän beantworten und für die weitere Prüfung der Bank ein vollständiges Konzeptpapier vorlegen. Das macht einen professionellen Eindruck und erleichtert die Bearbeitung der Anfrage durch die Bank, so dass beste Chancen auf eine Finanzierungszusage entstehen.
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